Thema: Bronchoskopie
Bronchoskopie und EBUSAktuelles zu Nutzen und Stellenwert des Endobronchialen Ultraschalls
Dr. med. Axel Tobias Kempa
Chefarzt SLK-Lungenklinik Löwenstein
Klinik Löwenstein gGmbH
Geißhölzle 62
74245 Löwenstein
axel.kempa@klinik-loewenstein.de
Keine Methode hat die Bronchoskopie, vermutlich die gesamte Pneumologie so rasch und nachhaltig verändert wie die Einführung des Endobronchialen Ultraschalls (EBUS) vor gut 15 Jahren. „EBUS“ ist nachgerade das Synonym für eine gewissenhafte und gründliche diagnostische Bronchoskopie – bei der Diagnostik des Lungenkarzinoms und darüber hinaus.
Hauptgründe für den Erfolg der EBUS-Punktionsbronchoskope mit konvexem Schallkopf (CP-EBUS) sind der einfache Zugang zu zahlreichen pathologischen Prozessen (intrathorakale Lymphknoten, zentrale Raumforderungen) und die damit verbundene gute diagnostische Ausbeute, aber auch die gesamthaft geringe Komplikationsrate der transbronchialen Nadelaspiration (EBUS-TBNA).
Wegen dieser geringen Komplikationsrate dient die Methode vor allem der Lokalisation der Lymphknoten, um diese dann unter Sicht zu punktieren und eine zytologische oder histologische Klärung herbeizuführen. Werden aber bei diesem Vorgehen die Möglichkeiten der Methode gar unterschätzt?
Der Einsatz des radiären Ultraschalls in Form der Minisonde ist in der Fläche möglicherweise nicht ganz so verbreitet. Der Stellenwert der Minisonde in der Literatur und unserer Praxis als vergleichsweise rasch verfügbares Instrument zur bildgebenden Steuerung transbronchialer Biopsien bei peripheren Herden ist jedoch hoch. Der folgende Artikel gibt eine kurze Übersicht über den aktuellen Stellenwert des Verfahrens.
CP-EBUS: wer braucht wie viel Staging?
Vor Einführung von EBUS und PET/CT glich das Mediastinum beim Lungenkarzinom weitgehend einer Black Box. Die diagnostische Aussagekraft der Computertomographie allein ist ungenügend. Die Mediastinoskopie war Goldstandard zum Ausschluss kontralateraler Lymphknotenmetastasen, wurde aber in der Routine bei eher ausgewählten Patienten mit lokal fortgeschrittenem Lungenkarzinom eingesetzt.
Einen ähnlichen Ansatz verfolgen noch immer aktuelle Leitlinien für die Diagnostik des Lungenkarzinoms. Sie fordern eine systematische Punktion aller erreichbaren Lymphknotenstationen, wann immer bildgebend 1. vergrößerte mediastinale Lymphknoten (Wahrscheinlichkeit N2/3-Situation: 60 %) oder 2. vergrößerte hiläre Lymphknoten (Wahrscheinlichkeit N2/3-Situation: 20 – 25 %) oder 3. ein zentraler Tumor (Wahrscheinlichkeit N2/3-Situation: 20 – 25 %) vorliegen.
Ist dies nicht der Fall, liegt die Wahrscheinlichkeit für Lymphknotenmetastasen allerdings immer noch bei 5 bis 10 % [1]. Die Leitlinienadhärenz ist mit weniger als 50 % jedoch mäßig [2]. Welches Vorgehen ist also wirklichkeitsnah, und was ist sinnvoll?
EBUS-B-Mode-Kriterien und Kombination mit PET und CT
Die kanadische Arbeitsgruppe um Kazuhiro Yasufuku hat zunächst einen Lymphknoten-Score nach Ultraschall-B-Mode-Kriterien im EBUS erarbeitet und validiert. Berücksichtigt wurden die Randschärfe der Lymphknoten (scharf begrenzt: 1 Punkt), das Vorhandensein eines Hiluszeichens (fehlendes Hiluszeichen: 1 Punkt), eine mögliche zentrale Nekrose (vorhanden: 1 Punkt) und die Lymphknotengröße (kurze Achse > = 1 cm: 1 Punkt).
Ergibt dieser Score weniger als zwei Punkte, so ist die Malignitätswahrscheinlichkeit mit 11,7 % gering [3], Bild 1. In einem weiteren Schritt wurden auch vorliegende PET- und CT-Kriterien einbezogen: ist ein Lymphknoten weder nach CT-, noch nach PET- oder EBUS-Kriterien als maligne anzusehen, so liegt die Wahrscheinlichkeit einer Lymphknotenmetastase bei cN0-Patienten nur bei 5,6 % [4].
Auch andere Arbeitsgruppen wählten ähnliche Ansätze und entwickelten Scores aus Ultraschall-B-Mode-Kriterien (z. B. Lymphknotenform, sonomorphologische Heterogenität des Lymphknotenparenchyms, Verkalkungen) und kombinierten diese zum Teil mit PET- und CT-Kriterien – mit ähnlichen Ergebnissen [5, 6, 7], Bild 3.
Bild 1: Canada Lymph Node Score. Aus [3 (Hylton DA et al.)] Nach einfachen sonomorphologischen Kriterien lässt sich ein gut validierter Score erheben und die Wahrscheinlichkeit für Malignität abschätzen
EBUS-Elastographie
Weitere Informationen über biomechanische Eigenschaften und damit Hinweise auf die Dignität intrathorakaler Lymphknoten bietet die Elastographie. Bei der Elastographie wird die Gewebesteifigkeit in bildgebende Informationen umgewandelt, und zwar qualitativ oder quantitativ. Die Elastographie ist als zuschaltbares Feature bei neueren EBUS-Prozessoren verfügbar. Zahlreiche Studien haben sich in den vergangenen Jahren mit dem Wert der Methode bei intrathorakalen Lymphknoten im EBUS beschäftigt. Eine Arbeit ermittelte dabei in einer kleineren Serie eine Sensitivität von 85,71 % und Spezifität von 81,82 % (ROC AUC 0,85) für die qualitative Methode und eine Sensitivität von 91,43 % und Spezifität von 72,73 % (ROC AUC 0,82) für die qualitative Methode [8], Bild 2.
Allerdings besteht bei der Elastographie eine nicht unerhebliche Abhängigkeit vom Untersucher. Eine aktuelle Arbeit von Daniela Gompelmann zeigte eine nur mäßige Übereinstimmung zwischen unterschiedlichen Untersuchern [9]. Dennoch trägt zweifelsfrei auch die Elastographie in der Hand des erfahrenen Untersuchers zum Wert einer EBUS-Untersuchung bei.
Bild 2: Score zur visuellen Abschätzung der Gewebesteifigkeit intrathorakaler Lymphknoten in der EBUS-Elastographie. Aus [8]
R-EBUS: was bringt EBUS wirklich bei peripheren Herden?
Der Einsatz des Punktions-Endoskops mit konvexem Schallkopf ist flächendeckend verbreitet. Aber auch die bereits länger verfügbaren Ultraschall-Minisonden mit radiärem Schallkopf (R-EBUS) haben einen exzellent gesicherten Stellenwert in der Literatur – zur Lokalisation peripherer Lungenläsionen vor transbronchialer Biopsie. Dabei nimmt die Technik gewissermaßen eine Zwischenstellung ein: der Einsatz ist aufwändiger als eine transbronchiale Biopsie ohne Durchleuchtung, aber deutlich weniger aufwändig und günstiger als etwa der Einsatz elektromagnetischer Navigationssysteme.
Bereits 2011 zeigte eine Metaanalyse (16 Studien, 1420 Patienten) eine gepoolte Sensitivität von 0,73 (0,70 – 0,76) [10]. Die Sensitivität ist vor allem abhängig von der Herdgröße, und den gesichertsten Stellenwert hat die Methode vermutlich bei Herden zwischen 2 und 3 cm Größe.
Weitere Faktoren, die die Sensitivität der Herde beeinflusst, ist deren Lage, zuführende Bronchien im CT und die Lokalisation der Sonde im oder am Herd. Auch bei diesen Studien lag der Fokus stets auf der reinen Lokalisation der peripheren Herde und weniger auf der Beschreibung der Ultraschallfunde.
Ähnlich wie bei den intrathorakalen Lymphknoten sind aber auch bei peripheren Läsionen B-Mode-Ultraschall-Eigenschaften der Läsionen von diagnostischem Wert. Eine der Gruppen, die einen Ultraschall-Score für thorakale Lymphknoten entwickelt hatte [6], entwickelte einen ähnlichen Score für periphere Läsionen [11], Bild 3.
Berücksichtigt wurden die Form (lobuliert?), die Grenzen der Läsionen (scharf begrenzt?) sowie Vorhandensein oder Fehlen von Aerobronchogrammen und Blutgefäßen (0 – 4 Punkte). Die Genauigkeit der Vorhersage (diagnostic accuracy) gaben die Untersucher mit 82,76 % an. Die EBUS-Minisonden sind mittlerweile so dünn, dass der Einsatz in ultradünnen Bronchoskopen möglich ist. Und dies verbessert die Diagnostik. So erhöhte sich die Sensitivität für die Diagnostik sehr kleiner Herde (n = 356, mittlerer Herddurchmesser 19 mm) allein durch die Verwendung eines ultradünnen Bronchoskops (1,7 mm Arbeitskanal) gegenüber der Verwendung dünner Bronchoskope (2,0 mm Arbeitskanal) von 58,7 % auf 70,1 % [12].
Auch für die transbronchiale Kryobiopsie peripherer Herde mit bildgebender Steuerung durch die Minisonde gibt es bereits eine Metaanalyse (9 Studien, 300 Patienten) [13]. Hier lag die Sensitivität der Technik bei 0,77 (0,71 – 0,84), die der Zangenbiopsien war mit 0,72 (0,6 – 0,83) geringer.
Die Rate größerer Komplikationen wurde mit 1,8 % (eine schwere Blutung, 3 x Pneumothorax) angegeben.
Zusammenfassung
Die Überlegenheit des CP-EBUS beruht auf der häufigen Beteiligung zentraler Strukturen bei pathologischen Prozessen, der hohen Sensitivität und des hohen negativ-prädiktiven Wertes der EBUS-TBNA und der Sicherheit der Methode (Punktion aus einem keimarmen Kompartiment, geringe Druckverhältnisse im Lungenkreislauf). Eine sorgfältige Befunddokumentation inklusive sonomorphologischer und ggf. elastographischer Kriterien erhöht die diagnostische Qualität.
Der Einsatz der EBUS-Minisonde ist ein pragmatisches Verfahren der bildgebenden Steuerung bei peripheren Lungenrundherden. Die Stärke des Verfahrens liegt auch in der Kombinierbarkeit mit weiteren Methoden (Durchleuchtung, ultradünne Bronchoskope, transbronchiale Kryobiopsie).
Zusammenfassend ist der endobronchiale Ultraschall nicht nur unverzichtbar. Er ist vielmehr mittlerweile die Basis der bronchoskopisch-pneumologischen Differenzialdiagnostik.
Bild 3: Sonomorphologische Charakteristika peripherer Herde im radiären Ultraschallbild.